Op Platt läwendig unnerhollen
 

GN Leserbrief vom 29.04.2011

 

BEZUG: Leserbriefe zum Thema „Plattdeutsch“ vom 16., 18. und 19. April

Es hat mich sehr gefreut, dass ich als Erforscher und Liebhaber der niedersächsischen Mundarten der östlichen Niederlande (2 Millionen Sprecher) und als Schüler des Grafschafter Plattdeutschforschers Dr. Arnold Rakers (Nordhorn-Hesepe, 1903–1965) bei meinem Aufenthalt in der Grafschaft über die Ostertage die gegenwärtige Diskussion über das Platt mitbekommen habe. Als Sprachwissenschaftler auf den Gebieten Skandinavistik und Altgermanistik, der an den Universitäten verschiedener nordwesteuropäischer Länder ausgebildet wurde und lange Zeit Vorstandsmitglied im „Nedersassische Schriewersbond“ war (worin die Dialektorganisationen von Groningen, Friesland, Drenthe, Overijssel und Gelderland vertreten sind), möchte ich zur Pflege des Plattdeutschen die folgenden Anregungen geben:
Als moderne, selbstbewusste Nachbarn in unserer Euregio gibt es viele Jugendmusikgruppen (Pop, Rock und so weiter) in der Mundart, die europäische Staatsgrenzen überbrücken können, wie etwa SKIK, Daniël Lohues (Drenthe) und Normaal, Bennie Jolink, Jovink en de Voederbeatles (Bauernsöhne aus Ostgelderland); diese sind gute Vorbilder, national im Rundfunk und Fernsehen geschätzt. Da könnte auch junge Grafschafter mal einen Beitrag liefern. Sehr geeignet wären überdies Theatergesellschaften auf dem Land mit Bühnenstücken, diese sind in Overijssel und Gelderland sehr gewollt.
Mit eurem Grafschafter Platt könnt ihr euch 700 Kilometer weit in Europa gut verständigen (ohne Deutsch oder Niederländisch), und zwar von der Oder und Südjütland bis weit über die Ijssel (Kampen – Apeldoorn – Doetinchem), in einem Raum von 15 Millionen Leuten, die sich Platt als Muttersprache teilen. Die Charta vom Europarat wurde 1995 gesetzlich angenommen, so haben Minderheitssprachen wie das Luxemburgische, Walisische und Katalonische schon ihre Sprachrechte national bekommen. Bei uns in den Niederlanden gibt es Ortsschilder auf Friesisch und Limburgisch, friesische Gemeinderatsversammlungen, Schulunterricht, Justiz und Zeitungen gehören zum Alltagsleben. In der Twente gibt es im März nur Gemeinderatsversammlungen auf Platt. Auch hier könnte die Grafschaft folgen und es freut mich, Ortsschilder mit Namen wie Gilhus, Nyenhus und Emmelkamp zu entdecken.
Macht so weiter, Bentheimer Deerns en Jungs. Unse gemeensame Modersproak verdeent et in et tohopewassende Europa üm van Denemark tot oawer de Iessel ne tokomst to behollen en ik bin bliede dat wi uns ook vandage noch op Platt läwendig unnerhollen könt.


Drs. phil. Jan ten Holt, M.A. Archipelstraat 113 Nijmegen